Haus Heimann

Geschichtes des Hauses Heimann, Hauptstraße 106 in Wickede-Ruhr

 

Eines der letzten Fachwerkhäuser in zentraler Lage von Wickede ist das Haus Heimann, Hauptstraße 36.

In der Urkatasterkarte von 1828 ist an der Stelle, wo heute das alte Haus Heimann steht, das Haus des Tagelöhners und Brinksitzers Hermann Guthoff eingezeichnet. Es war ein Haus der Klasse II, wobei die Klassifizierung von I bis V ging, und V die höchste Klasse war.

Das Hausgrundstück hatte die Parzellen Nr. 110 in der Flur 6 der Steuergemeinde Wickede. Die Parzellengröße war mit 9 Ruten und 75 Fuß angegeben, was einer heutigen Größe von etwa 135 m² entspricht. Dazu gehörte ein Gartengrundstück von 5Ruten und 10 Fuß, das sind heute etwa 79 m²

Die Hausnummer wird zum Zeitpunkt des Urkatasters mit 54, später mit 36 angegeben. Nach der Umnummerierung im Jahr 1863 hat das Haus die Nr. 106.

Der Eigentümer Hermann Guthoff kam aus Herdringen, wo er 1777 geboren war. Dieses geht aus der Militärstammrolle von 1826 hervor. In der Steuerliste von 1824 ist vermerkt, dass er als Holzaufseher zu Schafhausen diente. Da sein Grundstück an das Grundstück der Kleinsorgen angrenzte, ist es nahe-liegend, dass er bei den Kleinsorgen in Schafhausen angestellt war. Nachdem der Direktor des Soester Land- und Stadtgerichts Johann Friedrich von Viehbahn nach 1825 aus der Konkursmasse das Wickeder Gut und die Ländereien des Freiherrn von Kleinsorgen erworben hatte, diente Hermann Guthoff dann auf dem Viehbahnschen Gut in Wickede. Er war verheiratet und hatte auch Kinder. Von seiner Frau kennen wir nur den Vornamen. Am 16.4.1834 stirbt sie und ihr Vorname ist mit Maria Catharina angegeben. Von seinen Kindern wissen wir leider nichts.

In der Einwohnerliste des Jahres 1840 wird Hermann Guthoff als Schwiegervater des Heinrich Heimann bezeichnet. Wie dieses Verwandtschaftsverhältnis zustande kommt, ist bisher nicht festzustellen. Er stirbt am 14.4.1845 an Altersschwäche.

Er kann das Haus an Eberhard Humpert verkauft haben, der als Brinksitzer in dem Haus wohnt. Eberhard heiratet 1822 Anna Catharina Mölle aus Hüsten. Die Tochter Henrine wird 1831 geboren und noch im gleichen Jahr verstirbt die Mutter. Am 15. Oktober 1831 heiratet Eberhard Humpert Maria Sybille Severin aus Büderich. Aus dieser Ehe gehen 5 Kinder hervor. Am 12.6.1832 wird das fünfte Kind, eine Tochter, geboren, die jedoch tot zur Welt kommt. Neun Tage vor diesem Tag verstarb der Ehemann und Vater Eberhard Humpert.

Die Witwe Maria Sybille heiratet noch im gleichen Jahr am 15.11.1832 den aus Rödinghausen stammenden Förster und Holzaufseher Johann Heinrich Heimann. So kommt der Name Heimann auf den Hof in Wickede. Ob Johann Heinrich Heimann nur als Förster gearbeitet hat, ist nicht festzustellen. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich auch als Ackerer. Den Eheleuten wird am 10.10.1833 die Tochter Wilhelmina Elisabeth geboren. Bei der zweiten Geburt am 19.4.1836 kommen die Zwillinge Heinrich und Hermann zur Welt. Dieses kostete die Mutter Maria Sybille am gleichen Tag das Leben. Denn wie es im Sterberegister geschrieben steht, stirbt sie an „innerem Brand“ infolge des Wochenbettes. Der Sohn Heinrich wird nur 2 Monate und 2 Tage alt und verstirbt an Aufzehrung. Der andere Zwilling Hermann stirbt nach einem Jahr, einen Monat und zwei Tagen.

 

 

Johann Heinrich Heimann geht am 12. Mai 1838 in Bausenhagen mit der aus Wimbern stammenden Catharina Elisabeth Severin die zweite Ehe ein. Ob die beiden Ehefrauen miteinander verwandt sind, ist nicht bekannt, doch sind es keine Geschwister. Dieser zweiten Ehe des Johann Heinrich Heimann entstammen vier Kinder. Heinrich Bernhard *6.12.1840, Franz Caspar *5.1.1843, Hermann *13.7.1846? 1.6.1848 und Peter Friedrich * 1.7.1849.

Am 13. November wird vor der königlichen Kreisgerichts-Kommission in Werl in der Vormund- schaftssache Eberhard Humpert verhandelt. Es geht um das Vermögen, das Eberhard Humpert seinen Kindern hinterlassen hatte und das durch seine Witwe an Heinrich Humpert gekommen war. Heinrich Heimann verpflichtet sich, den vier Kindern des Eberhard Humpert oder deren Nachkommen (die Tochter Maria Franziska war inzwischen verstorben und hatte mit ihrem Mann Friedrich Kortmann eine Tochter) am 1. Mai 1851 je 150 Taler und allen zusammen einen Koffer mit Leinwand zu zahlen. Die Summen werden gezahlt und ein Jahr später quittiert. Vor dem Justizrat Franz Anton Lev in Werl treffen sich am 30. November 1860 Heinrich Heimann und seine Tochter Wilhelmine aus der Ehe mit Maria Sybille Severin, um über das mütterliche Erbe zu verhandeln. Wilhelmine hat aus dem mütterlichen Erbe zwei/fünfzehntel vom vollen Eigentum. Neben dem Haus und Hofgrundstück sind auch inzwischen rund 12 Morgen Acker als Eigentum dazugekommen. Wilhelmine verkauft ihr Erbteil zum Kaufpreis von 80 Thaler an ihren Vater. Heinrich Heimann ist nun alleiniger Eigentümer über Haus, Hof und Ländereien.

Das um 1869 erbaute Haus Heimann

Das Haus, welches über die Eigentümer Guthoff und Humpert an Heimann gekommen ist, brennt im Jahre 1868 ab. Mit diesem Hausbrand brennt auch die von Viehbahnsche Gutskapelle ab (siehe Heft 15 Seite 17-23 und Heft 16 Seite 15-17.

Am 18. Januar 1869 vereinbaren der Förster Heinrich Heimann und der Zimmerermeister Bernhard Centiny (1822-1897) die Errichtung des neuen Hauses. Bernhard Centiny ist in Wickede kein unbe-kannter, hat er doch von August 1861 bis Dezember 1862 die katholische Kirche erbaut. Das neue Haus wir 50 Fuß (=15,70 m) lang und 30 Fuß (=9,42 m) breit. Unter Nr. 4 des Kontraktes werden die Preise für die Zimmerarbeiten festgelegt. Für die Lieferung des Holzes erhält Centiny pro Kubikfuß Eichenholz zwanzig Silbergroschen und für Tannenholz je Kubikfuß vierzehn Silbergroschen. Für einhundert laufende Fuß (Fuß = 0,314 m) zu zimmerndes sowohl neues wie altes Holz erhält er einen Thaler und zwanzig Silbergroschen. Hieraus geht hervor, dass auch aus dem abgebrannten Haus Hölzer verwendet wurden. Das Gebäude musste am 1. April 1869 aufgerichtet sein, wenn Heinrich Heimann bis dahin die nötigen Kellermauerungen und Fundamente fertiggestellt hat. Die Kosten für das neue Haus waren mit 8.500 Thaler veranschlagt. Die Zahlung für das errichtete Gebäude hatte am 1. Mai 1869 zu erfolgen. In den Deelenbalken wurde eingeschnitzt und ist heute noch zu lesen:

Mit Gottes Macht und Meisterhand ist dieses Haus gebracht in Bauverband.

Durch Feuer ging das vorige verloren, mit der Macht von oben ist es wieder erhoben.

H. Heimann 1. Mai 1869 E. Severin

Ob Elisabeth Heimann geb. Severin den Einzug in das neue Haus noch erleben durfte, ist nicht bekannt, denn sie verstarb am 25.4.1869.

Lt. Militärpass war Heinrich Heimann am 14.2.1863 in das stehende Heer eingetreten. Zur Reserve entlassen wurde er am 14.9.1865. An dem Feldzug gegen Österreich 1866 hat er teilgenommen. Heinrich Heimann wurde am 21.7.1870 infolge Mobilmachung in das Königliche 3. Westfälische Infanterie Regiment Nr. 16 eingezogen und nahm an mehreren Schlachten im deutsch-französischen Krieg teil. Am 23.10.1870 wurde er zum Sergeanten befördert und am 29.4.1871 nach Wickede ent-lassen.

Heinrich Heimann verstarb am 25.3.1884 in Wickede. Sein Erbe auf der Hofstelle wurde sein gleich-namiger Sohn, der am 6.12.1840 geboren war. Dessen Berufsbezeichnungen waren Privatwaldwärter Förster und Ackerer. Er hatte sich am 29.9.1877 in Wickede mit der 21jährigen Sofia Franziska Kemper verheiratet. Sie stammte aus dem Gasthaus Kemper gnt. Schmidt und ihre Mutter war Antonette Plettstein. Heute ist es das Haus Siedhoff und die Gaststätte „Erlenhof“. Von seinen bisher bekannten vier Kindern übernahm sein Sohn Friedrich *22.9.1881 den Hof.

Inzwischen wurde der Lebensunterhalt wohl durch die Landwirtschaft bestritten, und die Ländereien hatten eine Größe von rund 5 Hektar (1892). Friedrich Heimann heiratete am 17.6.1914 die aus Wickede stammende Franziska Gertrud Quenter *11.2.1883. Sie war die Tochter des Zimmerer-meisters Fritz Quenter und der Wilhelmine Syben. Den Eheleuten wurden vier Kinder geboren, von denen zwei in jungen Jahren verstarben. Die Mutter verstarb mit 53 Jahren am 19.6.1936, der Vater erreichte das gesegnete Alter von 84 Jahren und verstarb am 9.11.1965.

Der Sohn Friedrich *15.4.1923 übernahm den Hof und betrieb neben Landwirtschaft noch einen Kohlenhandel und übernahm kleinere Fuhraufträge. Er heiratete 1951 Anneliese Bischopink *1928 aus Altenilpe. Die Eheleute bekommen 2 Söhne. Der ältere erhielt den Namen des Vaters und des Großvaters, Friedrich und ist heute Dipl.-Ing. der Elektrotechnik. Der jüngere Ulrich wurde Arzt. Beide haben sich außerhalb von Wickede niedergelassen. Das alte Fachwerkhaus ist im Wohnteil vermietet, die Familie ist 1970 in einen Neubau gezogen, der direkt neben dem Hof errichtet wurde.[1]

 

 

 

[1] Verfasser: Josef Kampmann (siehe Information für Heimatfreunde Ausgabe 34 aus Dezember 2004)